Unsere Ausstellungen

30. SEPTEMBER – 21. Januar 2022

HAUSBANDWEBEREI IN WUPPERTAL 1982
IMPRESSIONEN IN SCHWARZWEISS
VON MATHIAS BAER UND LUTZ ROTHE

Ort: ZENTRALBIBLIOTHEK WUPPERTAL | KOLPINGSTR. 8

Fotos aus den 1980er Jahren

Lutz Rothe / Mathias Baer

2020 /2021

Von der Idee zur Ausstellung

Die Idee

Die Hausbandweber und das entsprechende „Verlagssystem“ gehören zum Tal der Wupper seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts. Ein nicht erst durch das Engelsjahr 2020 wichtiger und interessanter Wirtschaftsbereich der Textilindustrie, dem Barmen und Elberfeld ihre Bedeutung im ausgehenden 19. Jh. und im Anfang des 20. Jh. zu verdanken hat.

 In den Jahren 1979 und 1980 lernten sich zwei junge Männer kennen, die am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium eher zufällig aufeinander trafen. Der eine wollte Gymnasial-Lehrer werden, der andere sein Abitur erreichen. Es trennen sie zwar einige Lebensjahre, aber es verband sie unter anderem die Liebe zur Fotografie und zu den Geräten der Firma Nikon. Natürlich gab es viele andere Themen und Gesprächsstoff, z.B. damals wie heute von Bedeutung „Global 2000“ (Der Bericht an den Präsidenten; 1980); es war der damalige Präsident der USA, aber wir denken, der Bericht und die nachfolgende Diskussion, bis zur heutigen Bewegung „Fridays for Future“, sind bedeutungsvoll für UNS alle.

Der Vater von Lutz Rothe, dem damaligen Oberstufenschüler, war als Hausbandweber tätig, Lutz kannte also viele der Berufskollegen in Wuppertal und Umgebung. Für uns war die SW-Fotografie wichtig, weil wir so die Möglichkeit hatten, von Negativ, über die Filmentwicklung und die Vergrößerung der Abzüge, alles in Eigenregie steuern und kontrollieren zu können. Außerdem waren die Materialien für unsere damaligen Budgets bezahlbar und wir hatten, jeder für sich, Erfahrungen in dem Bereich angesammelt.

Die Umsetzung

Die Arbeitsplätze, die Maschinen, die Gebäude, die Orte, in denen „Fasern“ verschiedener Art zu Vor- oder Endprodukten gefertigt wurden, erschienen uns gute Motive für SW-Aufnahmen, von einer Branche, die, so wie sie damals arbeitete, nicht mehr lange bestehen wird. Neben den alten Maschinen zogen nun mehr und mehr moderne und sehr, sehr schnelle „Automaten“ auch in die kleinen Fabrikräume der Hausbandweber ein.

Wir stellten uns vor, interessante Motive finden zu können: als Erinnerung und zur Umsetzung in „bemerkenswerte“ SW-Abzüge; wir wollten unsere Ausrüstung und unsere Fähigkeiten testen und unter Beweis stellen.

Mit viel Aufwand an Kameras, Motoren, Objektiven, Stativen, Negativmaterial, aber ganz bewusst OHNE Blitz gingen wir auf die Jagd nach Aufnahmen.

Mit Hilfe der väterlichen Kontakte war es ein Leichtes, Zugang zu den Werkstätten, den Menschen und Erlaubnis zum Fotografieren zu erlangen. Termine wurden festgelegt, Besuche und Fotos gemacht und eine Vielzahl von Negativen und Kontaktabzügen angefertigt. 

Als Filmmaterial nutzten wir FP4 und HP5, weil wir mit deren Verarbeitung gute Erfahrungen gemacht hatten und auch wussten, wie man sie „pushen“ oder auch anders manipulativ belichten und entwickeln konnte. Den feinkörnigen PAN F haben wir nicht eingesetzt, weil uns dessen „Unempfindlichkeit“ für die Aufnahmen in den nicht immer gut  ausgeleuchteten Räumen, bewusst ohne Blitz, als ungeeignet erschien.

Die passenden Chemikalien (u.a. auch von Iflord oder Tetenal) hatten wir schon länger in Gebrauch und kannten deren spezifische Wirkweise und konnten schon bei der Belichtung eine andere Empfindlichkeit einstellen, wenn die Licht / Schattenverhältnisse erforderten, da wir entsprechende Chemikalien besaßen und einzusetzen wussten.

Vielleicht kennen einige Ältere die Namen, Produkte und Einsatzgebiete noch.

Perceptol für besonders feinkörnige Negative, mit dem Verlust von Empfindlichkeit; ID-11, der Entwickler für die Nennempfindlichkeit oder Mikrophen, der das Korn verstärkte, aber eine höhere Empfindlichkeit möglich machte.

Entwickelt haben wir damals auf Papier der 2. und 3. Generation des Ilfograd bzw. Multigrad-Papiers. Von Tetenal nutzten wir auch Ultrafin als Negativ-Entwickler und Eukobrom für das Papier, wegen der klaren Schwärze. Auch die passenden Entwickler für das Ilford-Papier kam zum Einsatz.

Schließlich hatten wir eine Vielzahl von Negativ-Taschen und Kontaktabzüge angefertigt, das eine oder andere Foto vergrößert und als Geschenk den hilfsbereiten Bandwebern übergeben und uns durch Präsentation einiger, aus unserer Sicht, schönen Abzüge von den Webern verabschiedet.

Dann nahm Lutz sein Studium auf und Mathias musste in der Schule als „Anfänger-Lehrer“ viel Zeit dafür einsetzen. Das Projekt geriet, nein nicht in Vergessenheit, aber es kam in den „Ordner“ für „später mal“. Und da blieb es ganz  laaange.

Anfang des 21. Jh. Hatte Lutz dann die Möglichkeit, einen professionellen Dia- und Negativscanner von einem Berufsfotografen ausleihen zu dürfen. Was dazu führte, dass er mehrere Tage und Nächte unsere alten Negative – und andere Dias und Negative – digitalisieren konnte, wir hofften immer noch und immer mal wieder, dass wir die Fotos vergrößern und öffentlich präsentieren werden,… demnächst. 

Natürlich kam immer wieder etwas dazwischen. Ein Haupthindernis war, dass Lutz in Heidelberg und Mathias in Wuppertal lebten, und beide ihren Beruf ernst nahmen und sich eher selten, aber doch immer mal wieder trafen. Die Weihnachtzeit gehörte zu einem der stabilen und sicheren Termine für ein Treffen.

Um es kurz zu machen: zum Jahreswechsel 2018 / 2019 lagen nun viele der Negative, von Lutz in mühevoller Kleinarbeit mit Photoshop „entstaubt“ und „entkratzt“ sowie ausdruckbar bearbeitet vor. Endlich.

Wir planten nun hier in Wuppertal eine Auswahl der Bilder öffentlich zu präsentieren. Die Suche nach Helfern bei der Stadt stieß auf freundliche Akzeptanz, verschiedene freundliche Menschen in den Bereichen der Stadtverwaltung, beim Museum für Frühindustrialisierung sowie in anderen Bereichen signalisierten uns Hilfsbereitschaft. Aber aufgrund privater Interessen und  Terminen wurden die Planungs- und Gesprächsfäden nicht konsequent zum Abschluss geführt.

Schließlich ergab ein Gespräch, Anfang 2020,  mit Frau Blechert  von der Stadtbibliothek die Möglichkeit in die Liste für eine Ausstellung dort im Treppenhaus aufgenommen zu werden: 30.09. – 06.11.2021

UND DANN KAM CORONA.

Das bedeutete, dass der gedachte Termin Ende 2021 mit Sicherheit deutlich weiter in die Zukunft verschoben werden wird, da die anderen schon geplanten Ausstellungen natürlich vor uns präsentiert werden sollen.

Wir geben nicht auf. Und nun ist es doch soweit: ab dem 30.09.2021 hängen die Bilder.

Digitale Bearbeitung und Ausdruck

Eingesetzt wurden am Rechner die Programme Lightroom und Photoshop, zuerst noch mit Mouse und Trackpad, später dann mit Grafikblatt und Stift, was eine deutliche Arbeitserleichterung bedeutete. Dennoch war es nötig immer tiefer in die Bedienung der Programme und der einfachen und „versteckten“ Werkzeuge  des jeweiligen Programms einzutauchen. Hier führten Vorkenntnisse, Fehler, Ausprobieren und manchmal auch die Benutzung von Handbüchern zu den gewünschten Ergebnissen. 

Die in die Jahre gekommenen Negative von 1982 wurden erst 2002 /2003 dem Scanner übergeben, lagerten bis dahin wohl verwahrt mit den vielen anderen Negativ-Hüllen und Kontaktbögen im Schrank für die alten Fotoschätze, denn das digitale Fotografieren drängelte sich auch bei uns in den Vordergrund. Keine nasse Entwicklung von Film und Bild, was für eine Erleichterung. Keine Ordner und Negativhüllen, keine Diakästen und Schachteln und Kisten für fertige, nur zum Teil sortierte oder „geordnete“ Bilder. Die digitalen Ordner, Verzeichnisse, Bildbearbeitungs- und Archivierungsprogramme halfen, Platz zu sparen, Fotos wieder zu finden, schnell zu neuen Gruppen und Präsentationen zusammen zu stellen. Arbeitserleichterung und Bequemlichkeit.

Aber die alten Negative waren nicht vergessen, sondern nun endlich in die digitale Welt, auf Festplatte gesichert, vor Verstauben und Zerfall erst mal gesichert. ABER was ist denn das?  

Bei genauer Betrachtung der neuen digitalen Schätze werden Flusen, Kratzer und auch andere Gebrauchsspuren von der Negativbühne der Vergrößerer, vom Hin- und Herschieben in die Negativtaschen sichtbar und drängeln sich bei leichter Vergrößerung umso unwiderstehlicher in den Blick des Fotografen. So sind die Fotos nicht vergrößerbar und erst recht nicht vorzeigbar.

Aber was ist Fluse auf oder in dem Film, welche Fluse ist Teil des Bildes vom Webstuhl, der Maschine oder liegt da wirklich auf dem Boden? Nach mühevoller und „qualvoller“ Entscheidung über die kleine Auswahl präsentabler Bilder aus dem großen Vorrat all der Bilder, die wir damals eigentlich erst mal alle gut fanden, nehmen wir jeden Scan, „auf den Bildschirm“ und erkennen immer mehr Fehler, Störungen, Flusen und Kratzer.

Dank der neuen digitalen Werkzeuge ist es uns nun möglich, die Fotos in unserem Sinne zu optimieren, ansehnlich zu machen und in bisher nicht für möglich gehaltener Detailgenauigkeit zu „säubern“ und Kontrast, Schärfe sowie Gradation zu beeinflussen. Neben der hilfreichen Software, deren Beherrschung mit häufigerem Einsatz deutlich sicherer wurde, benötigte jedes Bild eine ganz individuelle „Betreuung“ mit erstaunlich hohem Zeitaufwand. So lernten wir jedes Bild Quadratzentimeter für Quadratzentimeter noch genauer kennen. Hier würde Lutz wohl einwenden:  „Ich habe die Bilder auf Pixelebenen erforscht und auch kennengelernt, so nahe kommt den Ausdrucken  in Zukunft keiner mehr!“ Das Resultat der mühevollen Detailarbeit machte dann aber schon auf dem Bildschirm Eindruck auf uns. Ja wir sind stolz auf die Arbeit.

Schließlich lernten wir es, den tollen Drucker (Canon imagePROGRAF PRO-1000 ) und das gewählte Fine-Art-Papier (Tecco BT270 Baryt) für die Ausdrucke mit Computer und Software für unsere gewünschten Ergebnisse einzusetzen.